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Allgemein

Demokratiebildung und Dialog in Zeiten der “Identitätspolitik”

By 10. Mai 2022No Comments

Dialog macht Schule hat im Zeitraum Herbst 2021 bis Frühling 2022 drei Fachtage zum Themenkomplex ‚Demokratiebildung und Identitätspolitik‘ veranstaltet.

Ziel war es, eine differenzierte und sachbezogene Auseinandersetzung zu einem Diskurs anzuregen, der sich in den letzten Jahren zunehmend polarisiert hat und die Gesellschaft zu spalten droht. Debatten um ‚Identitätspolitik’ und den richtigen Umgang mit Diskriminierung und Rassismus beherrschen zunehmend den öffentlichen Raum. Pädagogische Fachkräfte reagieren teilweise verunsichert und stellen sich Fragen zu den Auswirkungen auf ihre praktische Arbeit. Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass auch die Qualifizierung von Akteur*innen der Demokratiebildung vor neuen Herausforderungen steht.

Fachtag I: Identitätspolitische Herausforderungen am Beispiel der Rassismuskritik

Den Auftakt bildete am 8. November 2021 der erste Fachtag mit dem Thema „Identität statt Diskurs? Diskursivität in der politischen Bildung und ihre Gefährdungen“. Prof. Dr. Wolfgang Sander, langjähriger Vertreter des Fachs Didaktik der Gesellschaftswissenschaften an der Universität Gießen, setzte sich in seinem einleitenden Vortrag kritisch mit dem identitätspolitischen Kontext der ‚Rassismuskritik’ auseinander und gab Empfehlungen für die politische Bildung.

Anschließend tauschten sich die Teilnehmenden aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven darüber aus, inwieweit ihre Praxisfelder von dem Thema ‚Identitätspolitik‘ berührt werden.

Fachtag II: Praxisansätze im Austausch

Am 6. Dezember 2021 wurde die Fachtagreihe fortgesetzt. Dieses Mal lag der Fokus auf Praxisansätzen, die Zugehörigkeit und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in der Migrationsgesellschaft befördern. Karima Benbrahim vom IDA-NRW, Ahmad Mansour von MIND prevention und Guido Schulz von der Schulaufsicht Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin gaben in Impulsbeiträgen Einblicke in ihre Arbeitspraxis. Anhand der vorgestellten Beispiele wurde deutlich, dass in der Arbeit mit Schüler*innen zahlreiche brisante und sensible Themen wie z.B. Zugehörigkeit, Ausgrenzung, Religion oder der Nahostkonflikt nach wie vor eine wichtige Rolle spielen.

In Kleingruppen und im Plenum wurde vertiefend über Perspektiven der Schulentwicklung und die Verbesserung der Kooperationen mit außerschulischen Trägern diskutiert. Ferner tauschten sich die Teilnehmenden dazu aus, wie sich die identitätspolitischen Debatten auf die Aus- und Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften auswirken.

Fachtag III: Was macht gute Demokratiebildung in der Migrationsgesellschaft aus? Herausforderungen für die Qualifizierung von Lehrkräften und Multiplikator*innen

Beim dritten Fachtag am 4. April 2022 nahmen über dreißig Vertreter*innen aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Stiftungen, Bundes- und Landesbehörden sowie aus der Bildungsforschung und -praxis teil. Canan Topçu, Publizistin und Autorin, Prof. Dr. Wolfgang Sander, Sozial- und Erziehungswissenschaftler, Prof. Dr. Michael Kiefer, Politik- und Islamwissenschaftler, sowie Guido Schulz, Schulaufsicht Friedrichshain-Kreuzberg, waren als impulsgebende Expert*innen eingeladen.

Eine Talkrunde der Expert*innen zum Themenschwerpunkt bildete den Auftakt. Im weiteren Verlauf setzten sich die Teilnehmenden in einer intensiven und zum Teil kontrovers geführten Diskussion mit aktuellen Herausforderungen und Konflikten im Kontext Schule auseinander. Hierbei ging es vor allem um Konflikte bedingt durch divergierende Wert- und Normvorstellungen sowie Identitäts- und Lebensentwürfe, die sich auch in Schulen zeigen.

Vor diesem Hintergrund sollten zukünftige Curricula zur Weiterbildung von Lehrkräften und Akteur*innen der Demokratiebildung Kompetenzen vermitteln, die sie befähigen, mit Widersprüchen und Konflikten einer zunehmend diversen Migrationsgesellschaft angemessen umzugehen. Denn gute Demokratiebildung, so eine der Thesen, müsse neben Befähigung zur Horizonterweiterung sowie Förderung von Mündigkeit und Selbstbestimmung vor allem zum Umgang mit und dem Aushalten von Kontroversität befähigen, sowohl auf der Ebene der Lernenden als auch der Lehrenden.